Rovos Rail – Pride of Africa

Rovos Rail – Pride of Africa

Es rumpelt, ruckelt und quietscht. Unter dem dunklen südafrikanischen Nachthimmel kommt der Zug zum Halten. Sternenübersät das Firmament, die langen Gräser des Buschs beleuchtet von den Lichtern unseres Zuges. An Bord von Rovos Rail – meinem exklusiven Abenteuer in Südafrika! 

Tags zuvor hatte ich Wien am Nachmittag verlassen – mit Austrian Airlines und South African Airways in der Economy Class. München überzeugte mich als Vielreisende erneut als übersichtlicher und entspannter Umsteigeflughafen. Der freundliche und zuvorkommende Service machte den 11-stündigen Flug über Nacht nach Johannesburg zu einem angenehmen Reiseerlebnis und ließ die Zeit nach Südafrika buchstäblich wie im Fluge vergehen.

Am Morgen in Johannesburg angekommen, hielt ich nach der raschen Einreisekontrolle in der Ankunftshalle nur kurz Ausschau nach meinem Fahrer; den rund einstündigen Transfer ins benachbarte Pretoria hatte Rovos Rail für mich organisiert. Die letzten Meter zum Bahnhof auf holpriger Straße zeugten von einem geschichtsträchtigen Industriegebiet. Der historische Bahnhof von Capital Park wurde privatisiert und von Rovos Rail liebevoll saniert, im Empfangsraum wähnte ich mich im England der 1930er Jahre. Inmitten von Korbsesseln, bequemen Sofas mit Blumenmuster wurden Erfrischungen und Appetizer gereicht. Hier lernte ich auch die Mitreisenden aus aller Welt kennen; Gleichgesinnte mit dem gleichen Ziel: Durban an der tropischen Küste Südafrikas, um dort die wichtigste afrikanische Tourismusmesse „Indaba“ zu besuchen.

Als Liebhaberin von Zügen und Eisenbahnen sollte ich noch vor Abfahrt das erste Abenteuer dieser Reise genießen können. Denn das Herzstück von Rovos Rail – der Capital Park mit unzähligen Gleisen zum Rangieren der Loks und Waggons – beherbergt auch diverse Werkstätten, die wir auch besichtigen konnten. Ob Holzvertäfelungen oder Polsterbezüge, ob Teppichböden, Gravuren oder Armaturen – wir lernten bei einer interessanten Führung, dass hier alles mit viel Gespür und Kunstfertigkeit entsteht, aufbereitet, restauriert, gesäubert wird. So präsentierten sich uns die Züge in der großen Werkstatthalle in allen Stadien eines Eisenbahnlebens: komplett entkernt und mit nackten Wänden und Böden bis hin zu den fertig restaurierten Klassikern. Ein Meisterwerk der Restaurierungs- und Einrichtungskunst! Nicht umsonst wird Rovos Rail „The Pride of Africa“ genannt!

Nach der Besichtigung konnten wir es kaum erwarten, endlich hieß es „Einsteigen bitte!“. In jedem Wagen wartete der zuständige Steward auf uns – unser persönlicher Ansprechpartner während der Fahrt. Ich wurde zu meiner Pullmann Suite geleitet, die – wie jede andere Suite – über ein eigenes Bad mit Fenster, WC und Dusche verfügte. Die Größe von 7 qm in der Pullman Suite reichte mir als Alleinreisende durchaus, denn das Doppelbett, die große Fensterfront und die perfekt durchdachte Einrichtung sorgten für Behaglichkeit. Die Mitreisenden, zum Teil auch Paare, waren unterschiedlich eingebucht; bei einem ersten Rundgang durfte ich auch einen Blick in die 10 qm Deluxe Suiten und 16 qm großen Royal Suiten (mit zusätzlicher Badewanne!) werfen. 

Ein Pfiff, es ging los! Vor uns lag eine zweitägige Strecke voll faszinierender Highlights Südafrikas – von Pretoria quer durch KwaZulu-Natal bis zur südafrikanischen Metropole Durban am Indischen Ozean. Vorbei an den weltberühmten Drakensbergen zum „Tal der Tausend Hügel“, mit einem Zwischenstopp – per Minibus ging es auf Besuch in ein Pferdegestüt mit angeschlossener prämierten Keramikwerkstatt. Nur rund 600 km Distanz, aber bei dieser Zugreise gilt ja Genuss und nicht Geschwindigkeit. In den ersten Stunden nach der Abfahrt kamen wir – wegen einiger technischer Probleme und Wartezeiten bis Strecken freigegeben wurden – langsamer voran als gedacht. Die bevölkerungsreiche Region von Gauteng mit viel Industrie zog vorbei, sodass sich anfangs die Landschaft noch nicht von ihrer schönen Seite zeigen konnte. Der Komfort des Zuges, der gemütliche Nukleus meines Abteils und die unglaubliche Aufmerksamkeit der Crew machten aber alles wett. 

Very british gestaltete sich der Nachmittag: der Five-O-Clock Tea mit Pralinen und Scones wurde im bequemen Lounge Wagen serviert! Für die Raucher gab es eine smoking lounge, ganz stilgerecht mit schweren Ledermöbeln. Schönster Treffpunkt mit den Mitreisenden war jedoch sicherlich der letzte Wagen des Zuges, wegen seiner offenen Bauart „Observation car“ genannt. Hier waren die Sinne geschärft auf die Landschaft, auf den Genuss, auf die Gespräche mit meinen Mitreisenden, denn eingeschaltete Mobiltelefone sind hier nicht gern gesehene Begleiter. Während sich im sanften Fahrtwind die Aussicht auf vielseitige Landschaften eröffnete, konnte man den Sonnenuntergang bei einem Glas Wein genießen. Beim hervorragenden Abendessen im edlen Speisewagen, atmosphärisch mit Kerzen illuminiert, kam jeder Connaisseur auf seine Kosten. Ein köstliches Menü mit exzellenter Weinbegleitung; der traditionelle Amarula Likör durfte natürlich nicht fehlen. 

Es ist später Abend. Eine Rose ziert nach dem Dinner mein Cocktailkleid. In meiner Suite halte ich das Betthupferl der Crew, ein Glas Sekt, in der Hand. Die Belegschaft hat für mein Bett die Heizdecke eingeschaltet, denn die südafrikanische Nacht ist nicht nur dunkel, sondern im April auch kühl. Im Rücken sorgen diverse Kissen für Bequemlichkeit. Lichter funkeln am Horizont, und ich weiß nicht, wie weit es noch bis Durban ist. Doch was Zugreisen dieser Art ausmacht, die Entschleunigung und Gelassenheit, habe ich bereits in Leib und Seele aufgenommen. Mein eigentliches Ziel hier in Südafrika – die Indaba Messe – rückt in weite Ferne und macht dem Genuss des Augenblicks Platz.

Ach, durch die ganze Welt mag ich auf allen Gleisen so reisen!

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